Wir hatten uns auf dem Wanderparkplatz Kugelmühle (bei Marktschellenberg)
getroffen, mit Deutschlands ältester Marmorkugelmühle und waren unterwegs
in der Almbachklamm. Eine wildromantische Schlucht, erfrischend stürzte der
Wildbach zu Tal, es ging über 29 Brücken und Stege mit knapp 300 Stufen und
durch schattigen Wald, wir machten 420 Höhenmeter und waren nach drei
Stunden zurück, landeten schließlich im Gasthof Kugelmühle.
Was für eine spannende Wanderung.
Franz Rasp führte die Tour, genauer gesagt: diese SalzAlpenTour. Sie war
Teil eines Angebotes zum Jubiläum „100 Jahre Freistaat Bayern“, bei dem
unter anderem reizvolle Wandertouren („100 x Bayerisch unterwegs“)
ausgeschrieben wurden.
Was für eine wunderbarer Wandertag. Bestes Wanderwetter. Weiß-blau
der Himmel, kühl die Klamm, und gut zwei Dutzend Mitwanderer, alle mit
einem dunkelblauen SalzAlpenSteig-T-Shirt ausgestattet, das uns
Brigitte Zobel überreicht hatte. Ihre Agentur „Teamwörk“ kümmert sich unter anderem auch um das Marketing für den SalzAlpenSteig.
„I bin da Franz“ – so unkompliziert hatte sich Franz Rasp, seit 10 Jahren Berchtesgadens Bürgermeister, vorgestellt. Seine Rolle als Wander-
führer füllte der Franz, der auch ein erfahrener Bergführer ist, an diesem Vormittag ebenso unkompliziert und unaufgeregt aus. Er erzählte
von der gefährlichen Arbeit der Flößer damals, die hier in der Klamm mit der Urgewalt des Wasser Bäume zu Tale beförderten. Er erinnerte
ein ums andere mal daran, auf unsere Tritte zu achten. Er kam natürlich auch auf den SalzAlpenSteig zu sprechen, diesen 230 km lange Premiumweitwanderweg, die natürliche Grenze Deutschland/Österreich überwindet „auf den Spuren des Weißen Goldes“ durch das
Chiemsee-Alpenland, den Chiemgau, das Berchtesgadener Land, den Tennengau und schließlich durch die Dachsteinregion führt bis hin
nach Hallstadt am Hallstädter See. Franz Rasp ist übrigens Vorstand des SalzAlpenSteigs.
Aber ich wollte ja noch vom Watzmann erzählen, Berchtesgadens Schicksalsberg mit seiner 1.800 Meter hohen Ostwand, die schon über
100 Todesopfer gefordert hat – und warum sie im Leben von Franz Rasp so eine besondere Rolle spielt. Er war zehn Jahre alt, als ihn sein
Vater Fritz, ein bekannter Bergführer, anlässlich seiner 150. Ostwand-Durchsteigung mitnahm auf die lange Tour, um ihm seinen gefährlichen
Arbeitsplatz zu zeigen. Der zehnjährige Franz meisterte die Ostwand. Seinem Vater wurde sie am Neujahrstag 1988 zum Verhängnis, bei einer Winterbegehung verunglückte er. Es wäre seine 295. Begehung gewesen, lange Zeit ein unerreichbarer Rekord.
Wie oft er in der Wand war? Franz kann das gar nicht sagen. Nein, und dass der Berg der Todesort seines Vaters ist, belastet ihn auch nicht
mehr. Beim Bergsteigen sei er so sehr aufs Handeln konzentriert, auf die Beurteilung der heiklen Verhältnisse am Berg, auf das Wohlbefinden
seiner Begleiter – nein, da ist kein Platz für traurige Gedanken.
Und dann erzählte er von Franz junior und Michael, seinen Söhnen. Als die beiden in seinem Ostwand-Alter waren, also gerade zehn Jahre,
was wollten die wohl unbedingt? Richtig - durch die Ostwand auf den Gipfel des Watzmann. Und wie hat der Papa Franz auf die kühnen Wünsche
seiner Söhne wohl reagiert? Richtig - er hat es erst dem Franz und später auch dem Michael erlaubt und sie in seiner Eigenschaft als Bergführer
begleitet. Bis ganz nach oben.
„Bis ganz obi“, sagt Franz Rasp, „da braucht`s scho richtig a Biss“. Er lächelt, während er das sagt - und natürlich lässt sich in seinen Augen
unschwer eines lesen: klar, Vaterstolz.
PS: In der nächsten Ausgabe von Wanderbares Deutschland 2019 wollen wir den SalzAlpenSteig in einer großen Reportage vorstellen.
Ich freue mich schon auf die Recherche.